Kandy: Sri Lankas Bergstadt mit Zahntempel
❂ Kandy war die Hauptstadt des letzten singhalesischen Königreiches ❂ Aufgrund seiner besonderen Lage im Hochland konnte sich die Stadt gegen zahlreiche Eroberungsversuche der Kolonialmächte behaupten, bis sie 1815 dann doch von den Briten erobert wurde.
Heute ist Kandy mit ihren rund 160.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt des Landes. Eingebettet in einer mit saftig grünen Teeplantagen und Regenwäldern bedeckten Hochebene liegt die Bergstadt malerisch zwischen den Knuckles Mountains und dem Mahaweli Ganga, dem größten Fluss Sri Lankas. Dadurch ist das Klima deutlich kühler als im Flachland, was die Stadt zu einem beliebten Wohn- und Touristenort macht.
Mitten im Zentrum liegt der zauberhafte Kandy See, auf den ich gleich noch zu sprechen komme.
Kandy ist nicht nur für ihre herrliche Landschaft berühmt, sondern vor allem wegen des Zahntempels, der bei den Einheimischen als “Sri Dalada Maligawa” bekannt ist. Das alte Klostergebäude beherbergt nachweislich einen heiligen Zahn von Lord Buddha und ist deshalb Pilgerstätte für alle gläubigen Buddhisten von nah und fern.
Aufgrund ihrer besonderen religiösen, ethnischen und kulturellen Vielfalt wurde die Stadt Kandy im Jahre 1987 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. Ebenso wie die anderen zwei berühmten historischen Königsstädte Anuradhapura und Polonnaruwa gehört Kandy zum sogenannten “Kulturdreieck” von Sri Lanka.
Kandy Lake & Uferpromenade
Von unserer Unterkunft, dem zauberhaften Mountbatten Bungalow in der Hügellandschaft von Kandy, fuhren wir die 15 Minuten hinunter zum erwähnten Kandy Lake – ein wahrlich paradiesisches Fleckchen Erde! Neben dem berühmten Zahntempel ist der See einer der größten Anziehungspunkte der Stadt, denn er trägt ganz wesentlich zum besonderen Flair von Kandy bei.
An seiner dem Stadtzentrum zugewandten 4 km langen, sehr reizvollen Uferpromenade gehen von morgens bis abends Einheimische und Touristen spazieren, mieten sich ein Boot oder erstehen eine Kleinigkeit bei den zahlreichen Eis- oder Souvenir-Shops.
Ich kann nicht widerstehen und kaufe mir zum Auftakt unseres Besuchs ein herrlich duftendes Lotus-Bouquet bei einem der vielen Blumenhändler. Allerdings nicht ganz ohne Hintergedanken!
Diese wunderschönen Arrangements werden an die vielen Gläubigen verkauft, die diese später als Opfergaben im Zahntempel niederlegen. Und auch ich werde dasselbe tun, wie Sie später noch sehen werden.
Zur Erklärung: Blumen werden bei den sogenannten “Puja”-Zeremonien, die dreimal täglich stattfinden, sowie bei religiösen Festen und Feiertagen von Buddhisten hergeschenkt.
Puja heißt “Ehrerweisung” und diese gehört als traditionelles Ritual zu den wichtigsten Bestandteilen des buddhistischen Alltags. Eine besondere Form hierbei ist Pupphapuja, übersetzt: “Blumenopfer”. Wer dem Buddha Blumen opfert, soll stets daran erinnert werden, dass der eigene Körper eines Tages wie eine Blume verwelkt.
Der Kandy Lake war früher ein riesiges Reisfeld. 1807 wurde dieser See vom letzten König Sri Wikrama Rajasinghe künstlich angelegt, und dieser baute auch die weiß-getünchte Ufermauer “Valakulu Bamma” in der hier deutlich sichtbaren charakteristischen Wolkenform.
Die dreieckigen Löcher in der Mauer wurden früher verwendet, um nachts Öllampen anzuzünden. Dasselbe Design wurde auch für die Außenwand des Zahntempels verwendet.
Interessant ist schließlich auch die kleine, künstlich angelegte Insel in der Mitte des Sees. Hier befand sich früher das Lustschlösschen des Königs. Die Engländer nutzten es später ganz profan als Pulvermagazin!
Königliches Badehaus “Ulupen Geya”
Direkt an der Uferpromenade liegt ein besonders charmanter “Eye Catcher”: die Ulupen Geya. Ulu bedeutet Ornamentfliesen, Geya bedeutet Haus. Einheimische sprechen jedoch kurz und knapp von “Ulpange” – dem Badepavillon der Königin.
Die Ulpange, teils in den Gewässern des Kandy-Sees platziert, gehörte zum Palastkomplexes des letzten Königs und wurde, wie der Name schon sagt, von seiner Queen zum Baden genutzt. Es handelt sich hier also um ein königliches Badehaus, das 1806 erbaut wurde.
Es liegt in unmittelbarer Nähe des Zahntempels (hier im Hintergrund gut zu sehen) und unweit der ehemaligen Lustinsel. Wenn man das anmutige Bauwerk von einer Anhöhe betrachtet, schwimmt es quasi auf der Wasseroberfläche.
Drei Seiten dieses weiß getünchten Gebäudes werden vom Kandy Lake begrenzt. Früher war das Obergeschoss mit Umkleidekabinen für die Royals ausgestattet. Das Erdgeschoss wurde zum Baden genutzt.
Bis heute können Besucher den luxuriös anmutenden Poolbereich besichtigen, der noch weitgehend intakt zu sein scheint.
Nach der Eroberung der Stadt durch die britischen Invasionstruppen wurde das Badehaus zunächst in eine Bibliothek umgewandelt. Heute wird es als Polizeiposten genutzt.
Zahntempel “Sri Dalada Maligawa”
Kommen wir nun zur wichtigsten Sehenswürdigkeit in Kandy.
Der „Ehrwürdige Tempel der Zahnreliquie“, der sich auf dem Gelände des königlichen Palastkomplexes befindet, ist eines der wichtigsten Kulturgüter und die bedeutendste buddhistische Pilgerstätte des Landes.
Dort wird Sri Lankas wichtigste Reliquie aufbewahrt, nämlich der obere linke Eckzahn Buddhas. Ja, tatsächlich! Er soll bei der Einäscherung Buddhas übrig geblieben sein und gelangte etwa 310 n. Ch. über verschlungene Wege nach Sri Lanka.
Heute wird Buddhas Zahn als Nationalheiligtum in einem goldenen Reliquienbehälter im Inneren des Tempels aufbewahrt. Der Holzpavillon über dem Schrein, wo sich der Buddha-Zahn befindet, begeistert mit wunderschönen Deckenmalereien und aufwendigen Schnitzereien.
Aber auch der gesamte innere Tempelkomplex lässt einen staunen und ehrfürchtig verweilen. Für uns ist dies ein wahrlich magischer Ort!
Wie bei den Matrjoschkas, jenen ineinander verschachtelten russischen Puppen, verbergen sich im Reliquiensaal sechs weitere, mit Edelsteinen und floraler Ornamentik reich verzierte Schreine.
Der zweistöckige Zahntempel mit offenem Innenhof stammt aus dem frühen 18. Jahrhundert und markiert den Beginn des “Kandy-Stils” in der Tempelarchitektur Südasiens.
Seit der Antike hat diese Reliquie eine wichtige Rolle in der lokalen Politik gespielt. Man sagt, dass derjenige, der sie besitzt, die Regierungsgewalt des Landes innehat. Dementsprechend brach der singhalesische Widerstand zusammen, als der Zahn den Briten in die Hände fiel.
Seine symbolische Bedeutung büßte der Zahn auch in der jüngeren Gegenwart nicht ein. Im Jahre 1998 wurde der Zahntempel durch einen Bombenanschlag der Tamilen stark beschädigt.
Doch mittlerweile ist der “Sri Dalada Maligawa” vollständig restauriert. Als wir ihn 2021 besuchten – das war noch im Corona-Jahr – war der Zahntempel längst wieder im perfekten Zustand.
Nur wenige Menschen waren in jenen Tagen unterwegs, denn das Land hatte gerade erst seine Tore wieder geöffnet. Unser Glück! Während sich hier normalerweise Menschenmassen durch die heiligen Hallen quälen, waren wir quasi allein im Haus. Nichts und niemand störte die traumhaft schöne Szenerie.
Das markanteste Merkmal im Außenbereich ist der achteckige Turm mit rotem Dach, den Sie hier links im Bild sehen. Dort befindet sich die Tempelbibliothek mit wertvollen Palmblattmanuskripten, die während der letzten Jahrhunderte von Mönchen im ganzen Land gesammelt worden sind.
Im oberen Stockwerk des Tempels finden die bereits erwähnten Puja-Zeremonien statt. Unter Trommelwirbel öffnen sich die Türen zum Allerheiligsten mit Elfenbeindekor, wo die Mönche drei Mal am Tag die Gläubigen erwarten und ihnen schließlich den hoch verehrten Reliquienbehälter zeigen.
Den heiligen Buddha-Zahn selbst bekommt natürlich niemand zu sehen.
Audienzhalle “Magul Maduwa”
Hinter dem Zahntempelgebäude schließt sich unmittelbar die elegante Magul Maduwa (Hohes Gericht) des Palastes an. Die mit herrlichen Säulen und Deckenbalken errichtete Holzkonstruktion wurde 1783 von König Rajadhi Rajasinhe (1779 – 1797) gebaut.
Hier traf der König seine Minister und erledigte seine täglichen Verwaltungsaufgaben. Das Gebäude wurde sowohl als Gericht als auch als Audienzhalle genutzt.
Hier haben sich eine Reihe von Schlüsselereignissen in der Geschichte Sri Lankas ereignet. So etwa die Übergabe des letzten srilankischen Königreichs an den britischen Thron im Jahr 1815, die über 2500 Jahre Souveränität beendete.
Die Audienzhalle, wie man sie heute sieht, ist eine Erweiterung des Originals durch die Briten, um den Prinzen von Wales im Jahr 1875 willkommen zu heißen.
Sie entnahmen hierzu 32 geschnitzte Holzsäulen aus dem Gebäude “Pale Vahale”, dem damaligen Wohnort der Queen (heute das Nationalmuseum) und ersetzten sie durch Backsteinsäulen.
Der Thron, der sich hier befand, wurde von den Engländern … entwendet!
Egal wo man auch hinsieht – alles hier im “Temple of Tooth” ist prächtig und von erhabener Ausstrahlung.
Bevor wir das angrenzende Museum besuchen, nehme ich mir endlich Zeit und lege mein Blumenarrangement, das ich seit einer Stunde mitgeschleppt habe, an einer 5 Meter hohen Buddha-Statue nieder. Auf der Inschrift ist zu lesen: “Diese 16 Fuß hohe Buddha-Statue ist eine Nachbildung des berühmten Originals aus dem 19. Jahrhundert in Sarnath. Dort hielt Lord Buddha seine erste Predigt, nachdem er die Erleuchtung erlangt hatte. Das monolithische Idol und sein Sockel wurden in Indien aus Chunar-Sandstein gehauen, der in der Nähe von Sarnath gefunden wurde.
Es ist ein Geschenk der Menschen in Indien an die Sri-Lanker, um das gemeinsame Gedenken an den 2600. Jahrestag von Lord Buddhas Erleuchtung zu markieren”.
Unser Fazit: Der Zahntempel ist eine der allerwichtigsten Sehenswürdigkeiten auf Sri Lanka, und da diese heilige Stätte in einer landschaftlich so reizvollen Gegend liegt, ist diese Reise ein doppeltes Vergnügen. Doch damit nicht genug. Wenn Sie schon in Kandy sind, sollten Sie einen Rundgang durch das an den Zahntempel angrenzende “Internationale Buddhistische Museum” unbedingt mit einplanen.
Es ist das einzige Museum weltweit, das die Bedeutung und Entwicklung des Buddhismus auf eindrückliche Weise beschreibt! Hier weise ich Ihnen den Weg zur Erleuchtung…
⇒ Fotogalerie: “International Buddhism Museum”
© Text: Nathalie Gütermann. Fotos: Nathalie Gütermann/Jörg Baston